9. Kapitel-erster Abschied!

@A
Sommerferien! Davids 17. Geburtstag, ein Weihnachtskonzert und Abschied aus Oruro!
Was für eine Kombination, durch die Wärme und Andersartigkeit hier ist es schwer, an Weihnachten zu denken. Und Nikolaus habe ich ganz vergessen, er existiert hier nicht.
Erdbeeren, die es im Moment gibt,  zu Davids Geburtstag sind auch schräg...
In der Musikschule sang ich bei einem Weihnachtskonzert mit dem 120 Mann starken Chor unter anderem die bolivianische "Stille Nacht" (quasi mein Beitrag aus der Ferne zum 200 Jahr-Jubiläum)

Die Party zu Davids 17. Geburtstag haben wir wahnsinniger Weise bei uns zu Hause veranstaltet, mit deutschem Kuchenbuffet und Abendessen, was im übrigen auf Partys hier nicht üblich ist. Getränke und am Ende der Geburtstagskuchen, das ist üblich. Danach gehen die Gäste dann, wir würden sagen-zur Würstelbude- und essen zu Abend. Die komplett umgeräumte Wohnung war, sagen wir, gut gefüllt, nachdem es auch gleichzeitig eine Abschiedsparty von seinen Freunden war, waren 30 Leute eingeladen. Über das Chaos danach möchte ich nicht viel sagen, es war unvorstellbar!

Im Januar werden wir uns von Oruro verabschieden, es war oft nicht leicht hier für mich: Der Einblick in der Musikschule war interessant, ich habe ein bisschen unterrichtet, das hat Spaß gemacht, der reguläre Unterricht dort hat mich aber oft erschüttert. Das äußerst autoritäre Lehrer/Schülerverhältnis, die einseitigen Methoden, die Strafen, das magere Ergebnis der vielen, vielen Stunden des Proben oder des Unterrichts- unvorstellbar! Dazu kommt eine gewisse Scheu der Menschen vor Neuem oder Anderem...
..

Eine kleine percussion-Gruppe habe  ich auch unterrichtet, das war sehr lustig!

Der Deutschunterricht war gut und spannend für mich, hatte ich doch vorher keine Ahnung von Grammatikregeln! Und ich weiß jetzt: Deutsch  bestehet aus x-Regeln und xxx-Ausnahmen. Die Schüler waren offen für neue Methoden und haben  Spaß gehabt. Das A1 Level haben wir wohl erreicht!!
Bei einem Schüler war unsere ganze Familie zum Abschied zum Essen eingeladen, die Oma kochte, das war ein selten schöner, unterhaltsamer Abend, tolle Gespräche und er bleibt als eines der kulinarischen "highlights" in Oruro unvergessen!!!

Apropos kulinarisch: Das Hauptnahrungsmittel in Oruro ist die Kartoffel in allen Spielarten und Fleisch, sowie alle Arten von Bohnen. Die Kartoffel ist hier ja nicht nur in 100-ten von Sorten erhältlich sondern auch als "chuño" Da werden spezielle Kartoffelsorten im Winter mehrere Tage dem Frost ausgesetzt und wieder aufgetaut. Dadurch verlieren sie an Feuchtigkeit und sind am Ende sozusagen "natürlich gefriergetrocknet" Ursprünglich war diese Konservierungsart dazu gedacht, auch Monate nach der Ernte noch frische Kartoffeln zu haben, heute gibt es am Markt mehrere Sorten chuños zu kaufen.
Eine andere Art der Trocknung gibt es beim Fleisch: Lamafleisch wird, in dünne Streifen geschnitten und sonnengetrocknet, zu: charque, ein Begriff aus dem Quechua, einer alten indigenen Sprache in Bolivien. Diese dünnen Streifen werden gebraten und an jeder Straßenecken den ganzen Tag lang zusammen mit Kartoffel, gekochtem Ei, gekochtem Mais oder auch Käse verkauft-bolivianischer Schnellimbiss!


Im weitesten Sinn mit Lebensmitteln hat auch der "Ekeko" zu tun: Dieser Gott der Überflusses ist für alle Wünsche zuständig, Lebensmittel, Hühner, neues Auto, Kamera, neue Frau- alles kann von ihm gewünscht -und noch wichtiger-auch erfüllt werden. Dazu wird dieser kleinen Figur das gewünschte Gut in Miniaturformat um den Hals gehängt, in den offenen Mund der Figur wird als Opfergabe gerne eine brennende Zigarette gesteckt.










Die Miniaturen können am Anfang eines Jahres in eigens dafür stattfinden Messen erworben werden, es sieht dort aus wie in einem Kaufladen, den ich immer als Kind, zu Weihnachten neu gefüllt, bekommen habe.







 Wie man auf den Bildern sieht kann man sich gar nicht genug wünschen- und auf Erfüllung hoffen.
Diese Ekekos stehen in Sucre im "Museo Nacional de Etnografia y Folklore"



@W
Die Arbeit hier im Complejo solar macht Spass und ist sinnvoll. Wir haben gerade einen großen Auftrag zur Installation von zwei großen solarbetriebenen Wasserpumpen erhalten. Der Weg dorthin war allerdings sehr mühsam. Wenn sich noch mal wer über mühsame Zusammenarbeit mit österreichischen Gemeinden beschwert, dem empfehle ich dringend einen Aufenthalt in Bolivien. Im Januar geht es dann mit anderen Pumpenprojekten weiter und im Februar ist ein Aufenthalt im Dschungel geplant, um eine Solaranlage zu reparieren. Wenn man hier Solarkabel oder Installationsmaterial für die Pumpen kaufen will, ist man oft tagelang auf der Suche, bis man gefunden hat, was man braucht. Unsere Solarmodule kaufen wir in Santa Cruz. Es gibt aber keine Spedition, die liefert. Die Module werden mit dem Bus geschickt (wie früher bei uns der Postbus) Wir holen sie dann am Busterminal ab.
Bei unseren letzen Verhandlungen mit der Gemeinde Machacamarca über das Pumpenprojekt, hatten wir ein wenig Zeit und waren im lokalen Eisenbahnmuseum. Im Bild angeblich das Auto von Al Capone, das der bolivianische Zinnbaron Simon Patiño gekauft hat und zu einer "Eisenbahn" umgebaut hat. Damit ist er dann zwischen seinen Minen hin und hergefahren. Patiño war einst der reichste Bolivianer und unter den zehn reichsten Männern der Welt ( in den 30 er Jahren des letzten Jahrhunderts)








Letztes Wochenende waren wir in Potosi und Sucre. Vor einem halben Jahr war mir Potosi kein Begriff. Potosi war einst größte und reichste Stadt der Welt. Sie liegt über 4000 Meter Höhe und verdankte Ihren Reichtum dem Cerro Rico, dem Silberberg.

Die Spanier haben hier jahrhundertelang Silber aus dem Berg geholt. Man sagt, dass es soviel Silber war, dass man damit eine Brücke aus Silber von Lateinamerika nach Spanien hätte bauen können. Die Innenstadt ist UNESCO Weltkulturerbe, wenig renoviert, aber man kann den einstigen Reichtum noch erahnen.

Für "Touris" Pflicht ist die "Casa de Moneda" und eine Minentour. Als ich den Eingang zu "unserer" Mine gesehen haben, wollte ich wieder umdrehen.
Es gibt über 500 Eingänge in den Cerro Rico. Die Spanier sind schon lange weg, für die großen Bergbaugesellschaften ist es auch schon lange nicht mehr lukrativ. Kooperativen kratzen jetzt die letzten Reste Silber aus dem Berg. Der Berg ist wie ein Schweizer Käse und massiv einsturzgefährdet. Niemand weiss genau, wo die Kooperativen graben. An den meisten Stellen kann man nicht stehen, man kriecht durch den Berg. Als ich dann die ersten Dynamitexplosionen im Berg gehört und gespürt habe, war ich mir nicht mehr sicher, ob wir wieder lebend rauskommen. Eine Stange Dynamit kostet am Markt von Potosi übrigens 2 € und jeder kann es kaufen. Es gibt eine sehenswerte Dokumentation von Salzburger FH-Studenten über den Cerro Rico, der schon ziemlich viele Preise gewonnen hat, unbedingt anschauen - Cerro Rico-The Silver Mountain


Zum Schluss noch die erfreulichste Nachricht des Tages. San Jose, der Fussballklub der Mineros aus Oruro ist heute Meister geworden - sozusagen das bolivianische Schalke auch in Blauweiss. Im letzen Spiel gegen die Flachländer aus Santa Cruz reichte ein 1:1 für den Titel. Allerdings ist es auch nicht ganz fair, wenn man seine Heimspiele auf 3800 Meter Meereshöhe austrägt.




@C
" Endlich " Ferien. Da bei uns jetzt Sommer ist haben wir die geliebten 8 Wochen Sommerferien, obwohl ich gar nicht weiß, was ich alles in den 8 Wochen machen soll.....
In der letzten Schulwoche war ein 15. Geburtstag von meiner Freundin mit ca. 200 Personen, weil jeder seine Freunde mitnimmt. Die Party war ziemlich cool und doch anders als bei uns.

Ein Tag nach Schulschluss war der Maturaball wo ich von einem Maturant eingeladen war. Jeder Maturant hat einen Tisch, wo er 15 Personen einladen darf. Die "Einladung" ist ein gebundenes kleinen Buch mit Fotos von den Schülern, Gedichten, Informationen und der Eintrittskarte, ohne der man nicht rein kommt. Der Ball sollte um 4 Uhr beginnen und die Leute ( außer uns ) kamen nach und nach ca. um 6 Uhr..... bolivianische Pünktlichkeit. Als erstes wurden die Schüler vorgestellt und haben anschließend Walzer mit ihren Eltern getanzt, danach hat man getanzt, gegessen und VIEL getrunken, zu viel...😅

Ein Tag danach war Davids Birthday- Party, die wie schon gesagt auch ein Abschluss war, denn wir gehen kurz nach meinem Geburtstag am 25. Januar wieder nach...................Cochabamba. Ich freue mich schon voll auf Cocha., besseres Klima, wir werden dort auf eine coole Schule gehen, die Stadt ist attraktiver als Oruro😂( was auch nicht allzu schwer ist ) und der ausschlaggebender Punkt war, die Mama kann dort arbeiten als Lehrerin, ( in der gleichen Schule, wo wir hingehen werden 😒😅).
Apropos Geburtstag: Wir haben uns hier ein paar Säle angeschaut für meinen Geb., die ja auch nett sind, aber dafür nicht ganz so billig, ich sag nur 1200$ nur um den leeren Saal zu mieten....

Letztes Wochenende waren wir in der Silbermine in Potosi und in der schönsten Stadt von Bolivien, in Sucre. Die Silberminen waren wirklich krass. Wir hatte eine volle Montur an, wo wir uns erst gedacht haben, dass sie bisschen übertrieben ist, war sie aber ganz und gar nicht.





  Wir sind am Boden gekrochen, mit Leitern durch Löcher zum nächsten "Stockwerk" geklettert und haben uns gefühlte 100 mal zum "Tio" gesetzt.
 Der "Tio" ist der Gott, der auf die Bergarbeiter in den Mienen aufpasst aber nur wenn man dem "Tio" Kokablätter, Zigaretten und das beste: 96% Alkohol, den man danach auch trinkt, als Opfergabe gibt. Wie gesagt waren wir nicht nur bei einem "Tio", das heißt auch nicht nur einmal 96% Alkohol. Der Alkohol und die Kokablätter trinken und essen auch die Bergarbeiter, die es sonst gar nicht aushalten könnten, denn die sind ca. 12 Stunden am Stück im Berg und teilweise auch nur alleine, von Montag bis Samstag. Das Erschreckende dabei ist, sie müssten gar nicht so lange arbeiten und auch nicht die ganze Woche, denn es gibt keinen Chef dort. Sie machen es nur weil man pro Sack mit Silber, den sie füllen, so und so viel Geld bekommen.
Wo wir dann schon wieder draußen waren haben wir gefragt wie viele Unfälle hier Jährlich passieren und unser Führer hat dann so gesagt:  eher monatlich.......also 6-7 oft tödliche Unfällen, durch herab brechende Steine.
Sucre, la ciudad blanca  ( die weiße Stadt ), ist eine wunderschöne, alte Stadt, mit vielen, schönen, grünen Parks, alle Gebäude der Altstadt sind im kolonialen Stil, rechts das Theater. Unten das kleine Bild ist der Klosterhof von San Francisco, rechts daneben ist der Blick von unserem Hotel aus auf die Stadt.



@D
Am 7. Dezember hatte ich Geburtstag und am 9. hatte ich dann meine Feier mit meinen Freunden aus der Schule. Hier läuft es aber so, dass jeder irgendwelche Freunde mitbringt, deswegen waren es ein paar mehr Personen als erwartet.Von denen ich einige nicht kannte.
Wir haben das Fest eher deutsch gestaltet, das hat allen sehr gut gefallen.

Was mir jedoch nicht so gut gefällt, ist, dass wir von Oruro nach Cochabamba ziehen, weil ich hier in Oruro eine Freundin habe.



Mir gefällt es in Oruro auch so einfach besser.
Für mich ist Cochabamba zu großstädtisch, wo hingegen Oruro eher eine kleinere Stadt ist.
Wir haben einen sehr spannenden Künstler, eigentlich Architekt und Schreiner, und seine Frau, sie ist Töpferin, kennengelernt.
Auf ihrem Grundstück gibt es es ein Atelier, Werkstätten zur Bearbeitung von Metall und Stein und einen großen Innenhof, in dem die gefertigten Werkstücke ausgestellt werden.
Seine Spezialität sind Kugeln aus Stein die von Hand bearbeitet werden. Der Steinquader wird zunächst mit der Flex in die ungefähre Form gebracht und dann mit dem Meissel und später mit speziellen Schleifsteinen und viel Wasser rund geschliffen. Je nach Stein wird die Oberfläche glänzend oder eher rau.
Ich habe in der letzten Zeit bei ihm Schweißen gelernt und auch sonst haben sich meine handwerklichen Fähigkeiten stark verbessert.

@D und C

Das waren unsere Schulabschiede, links in meinem (Carlas) Schulzimmer, rechts Davids im Pausenhof. Im Hintergrund schießt jemand gerade einen Ball an die Wand 😂  Leider waren am letzten Tag war fast nur noch die Hälfte der Klasse in der Schule, an dem es im Übrigen keine Zeugnisse gibt.....


.WIR WÜNSCHEN UNSEREN FAMILIEN, FREUNDEN UND VERWANDTEN EIN SCHÖNES WEIHNACHTSFEST UND EINEN GUTEN RUTSCH NACH 2019


Kommentare

  1. Toll! Lässig, dass ihr an eurem Aufenthalt in Bolivien teilhaben lasst. Viel Glück, Gesundheit und Erfolg für 2019!
    Peter Oliver W.

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