12. Kapitel- Cochabamba, nos veremos, adiós!


 @A
Wir biegen gerade nach sieben Monaten in die Zielgerade unseres Bolivienaufenthaltes ein: die letzten Tage hier! Viele Dinge gehen mir im Kopf umher: Was von dem, was ich mir vorgenommen habe konnte ich hier umsetzten? Was waren die Hindernisse und wie haben sie mein Handeln beeinflusst?  Was haben mir die Menschen hier mitgegeben? Wie kann das, was begonnen wurde, weiter gehen? Auf vieles habe ich nur bruchstückhafte Antworten, Gefühle oder vage Ahnungen.
Meine Arbeit in der Schule Kusikuna in Cochabamba war fruchtbar, viele Schüler kamen das erste Mal in ihrem Leben mit Musikerziehung in Berührung, diese Staunen und Aufsaugen werde ich wohl lange nicht vergessen. Das Umfeld war holprig: keine Musikräume, Unterricht im Freien, bei Regen auf einem überdachten Sportplatz, den ich oft mit anderen "Regenflüchtern" teilen musste. Dieser fehlende äußere Raum hat auch eine innere Schwester: viele Kinder und Jugendlichen mussten die Musik in sich suchen. Um diesen inneren Raum zu erkunden waren neun Wochen gerade ausreichend.
In Kusikuna gab es Möglichkeiten für Neues, in Oruro dagegen war dieser Raum sehr klein und schon fast voll.
Was nehme ich mit von hier? Die Ausdauer vieler Schüler und Lehrer hat mich beeindruckt, der Gleichmut, mit dem Problemen begegnet wird, die Natürlichkeit und Berührtheit der Kinder und Jugendlichen.
Wo sehe ich Perspektiven: ich würde mir eine Möglichkeit wünschen, dass alle Kinder und Jugendliche hier eine Ausbildung in Musik, Bewegung, Malerei... erhalten können. Die Förderung der Kreativität, Individualität, des Selbstbewusstseins und der Lust am eigenen Ausdruck wären sicher eine gute Basis für ihr weiteres Leben.
Bei einem unser letzten Ausflüge haben wir ein weiteres highlight der bolivianischen Landschaften besucht: Die Jesuitenklöster der Chiquitania. Diese sieben Kirchen liegen im tropischen Tiefland, fast auf Salzburghöhe, nordöstlich von Santa Cruz und wurden von Jesuiten zwischen 1691-1767 erbaut.
Sechs dieser sieben Kirchen sind Holzbauten nach ähnlichem Schema: über 20 m hohe Holzsäulen, je aus einem Stamm tragen einen hölzernen Dachstuhl, der




weit über die Kirche vorragt und dazu nochmal mit Holzbögen und kleineren Säulen abgestützt wurde. Das Dach sieht dabei fast aus wie ein Mantel, der das Gebäude beschirmt. Auch im Inneren ist fast alles aus Holz: feine Schnitzereien, beschnitzte Kirchenbänke, Skulpturen- eine wunderbare Akustik- wir haben es ausprobiert.
Außen sind die Kirchen mit Malereien aus Naturfarben verziert, die wunderbar mit der Erde rundherum harmonieren.
Durch die hervorragenden Holzschnitzarbeiten wurde diese Gegend im übrigen zu einer der besten Ausbildungsstätten für Holzverarbeitung im ganzen Land. Nicht nur für die sieben Kirchen, auch in alle anderen Städte werden Schnitzereien, Tischlereien und Reparaturen verkauft. Die Werkstätten in Concepcion sind riesengroß und mit deutschen Maschinen ausgestattet.
Erst 1986 wurden die, teils verfallenen, Kirchen wiederentdeckt und mit Hilfe Schweizer Architekten 25 Jahre lang restauriert. Seit 1991 sind sie Weltkulturerbe.



Eingebettet ist das alles in eine unberührte Natur bestehend aus Palmen, Gras, sanften Hügeln, Seen und allerlei Variationen von Wald, sowie fast unberührten Dörfer mit staubigen, ungeteerten Straßen, die von unzähligen Mopeds befahren werden. Die Architektur der "Reduccionen" übertrug sich auf das Stadtbild:  Häuser haben das gleiche "Schutzmanteldach" wie die dazugehörige Kirche, daraus sind wunderbare openair Verkaufsräume, wie dieser Blumenladen, entstanden.




Im Umland von Cruz gibt es im übrigen auch eine geologische Besonderheit: Wüste, genannt "lomas de arena"
Extrem skurill und und unfassbar "wüstig" nämlich nichts außer Sand und einem, mit Süßwasser gefüllten See ( wir sind in der Regenzeit dort gewesen) und wieder einmal wunderbaren Wolkenspielen.....






Auf unserer Heimfahrt von den Jesuiten-Reduccionen sind wir noch bei den Menonnitensiedlungen vorbei gefahren. Eine sehr große Kolonie -von ultrastreng bis moderat- ist hierher geflohen, um nach ihren eigenen Gesetzen leben zu können. Wir haben mit einer Frau und ihren Kindern gesprochen und sind einer anderen Familie auf "Augenhöhe"begegnet.



@W
Ende März bekamen wir dann Besuch von meiner Schwester, natürlich wollten wir ihr einige Dinge in Bolivien zeigen, so dass die letzte Woche ziemlich touristisch wurde. Nachdem wir selber noch nicht im bolivianischen Dschungel waren, nutzten wir die Gelegenheit um mit meiner Schwester drei Tage in den Nationalpark Madidi zu fahren, schon das Ankommen in Rurrenabaque, einem kleinen Dschungelort am Rio Beni war ein Abenteuer, der Flughafen dort war der zweitkleinste, den ich bisher gesehen haben.
Aber sie bauen gerade einen neuen Terminal.



Am nächsten Tag ging es dann mit dem Boot 3 Stunden den Rio Beni rauf, wir haben dann mitten im Dschungel in einer Ecolodge gewohnt. Wir sind Bilbo und Frodo Beutlin aber nicht begegnet, die waren wohl gerade mit dem Ring beschäftigt...
Wir hatten dann im Dschungel einen tollen Führer, ( auf dem Bild mit dem Mamutbaum in unserer Mitte)  der selber im Dschungel aufgewachsen ist und uns von Heilpflanzen bis zur Tierwelt alles erklärt hat. Gesehen haben wir eine Unzahl von Affen, Papageien, Ameisenbären, Alligatoren und die frischen Spuren eines Jaguars.













David hat einen neuen Freund gewonnen, den Namen des Tieres auf Spanisch....nein-halt!. Wer mir sagen kann, wie das Tier heisst, auf den wartet eine kleine Überraschung!








Tausende und abertausende von Spinnen leben im Dschungel, alle mit eigenen Arten, auf Beutejagd zu gehen. Hier ein Netz eingefangen von Carla.


Diesem Papagei sind wir in Santa Cruz begegnet, aber seine Artgenossen leben in Steinhöhlen im Dschungel, zu dieser Zeit brüten die Tiere gerade und sind daher nur aus der Ferne zu bewundern.



Aus dem Flugzeug hatten wir einen wunderbaren Blick auf den sich schlängelnden Rio Beni, Zufluss des Amazonas.



Zurück aus dem Dschungel haben Veronika, Carla und ich noch die"Deathroad" überlebt.





 Dies war einst die gefährlichste Straße der Welt, als Schotterpiste knapp 5 Meter breit führt sie von ca. 5000 Meter Höher auf etwa 1000 Meter Höhe, auf der linken Seite der Straße geht es meist mehr als 200 Meter runter. Früher mit Gegenverkehr wird die Deathroad nach dem Bau der neuen Straße nur noch touristisch  für Mountainbiker genutzt. Man kann die 65 Km ohne einmal zu treten in ein paar Stunden ganz gemütlich nach unten radeln. Wir haben in der Früh im Schneetreiben begonnen, ein paar Stunden später waren wir im bolivianischen Dschungel, es hat riesig Spass gemacht. Aufpassen muss man trotzdem, man sollte schon dauernd konzentriert sein.






@D
Am Faschingswochenende waren wir in der schönsten Stadt Boliviens und beim größten Karneval der Welt, "carnaval de Oruro"! Zwei Tage tanzen jung und alt aus Bolivien in unterschiedlichsten, farbenfrohesten  Kostümen zum immer gleichen Rhythmus.
Für unmusikalische Menschen sind wohl auch die Töne der verschiedenen Musikgruppen alle gleich.
Beim Karneval tanzen  Gruppen aus allen Teilen Boliviens: z.B. die Caporales, die Tinkus, Moradas und Diablos. Diese, rechts im Bild,  tragen eine Maske mit Hörnern, von denen einige auch Feuer spucken können.

Eigentlich wird sich das ganze Jahr auf den Karneval vorbereitet: jede Gruppe besteht aus verschiedenen  Tänzern, die auch ihre Kostüme selber machen und auch bezahlen müssen.
Die Musikkapellen spielen nur bei den öffentlichen Proben, den Convites, und beim Karneval selbst dazu.
Einige Gruppen tanzen mit traditionell bolivianischer Kleidung.

Am Karnevalwochenende herrscht in Oruro Ausnahmezustand: Aus Bolivianos- werden Dollarpreise, also das 8-fache, alles ist abgesperrt. Ohne Armbändchen kommt man nirgendwo hin. Die Zuschauertribünen sind rechts und links neben der Straße aufgebaut, jede Tribüne gehört jedoch einer anderen Person, bei der man auch privat und vor Ort die Tickets kaufen muss.

Für mich war jedoch das Schönste, Zeit mit meiner Freundin zu verbringen, mit ihr habe ich das Karnevalwochenende verbracht, bei ihr konnten wir alle, samt Elena, übernachten.

Sie hat mich auch am letzten Tag in Bolivien besucht, und ist dafür 5 Stunden von Oruro nach Cochabamba gefahren und am selben Tag auch wieder zurück. in dieser kurzen Zeit waren wir gemeinsam mit unseren Freunden aus der Schule in Cochabamba Eis essen.
Darüber dass ich jetzt gehen muss sind wir beide jedoch nicht so glücklich...

@C
Erstmal noch ein paar Worte zum Karneval; man kann schon sagen es war eine coole Erfahrung aber man muss es nicht unbedingt noch ein mal machen.......In den Karnevals-Tagen genießen die Leute eher die Stimmung, als den Karneval anzuschauen oder auch ordentlich zu tanzen.
Trotzdem war es ziemlich lustig den Truppen zu zu jubeln ( besonders meiner Lieblings Gruppe, den Caporales )  und auch paar Freunde von früher, wo wir in Oruro waren, zu sehen.
Auf dem Bild stehen wir mit dem Voluntär aus Oruro, der mit meinem Papa gearbeitet hat.


 Der Dschungel war auch ein Wahnsinn, man hat verschiedenste Tiere gesehen, Kilometer und Kilometer purer Dschungel aber das Beste war, dass wir im Amazonas Gebiet waren. Das habe ich mir schon immer gewünscht, zum Amazonas zu fahren, im Dschungel zu wandern und auf Ausläufen vom Amazonas mit dem Boot zu fahren.






.......Jetzt kommen aber ganz viele Abschiede...... als erstes haben wir uns von  Elena, die insgesamt ca. 2 1/2 Monate bei uns war, verabschiedet, mit dem Llama- Gruß.
Es war eine lustige und verrückte Zeit mit ihr.
Sie ist jetzt in Brasilien unterwegs.
........Nächster Abschied.......
Was uns super gefreut und überrascht hat war, dass uns meine Tante Veronika besucht hat. Wir haben in den 2 Wochen so viel wie möglich versucht zu unternehmen. Vom Dschungel auf fast Meereshöhe bis nach La Paz auf 3800m haben wir alles gemacht.
Während wir noch eine Woche Urlaub in Peru und Costa Rica machen, war sie noch ein bisschen alleine unterwegs und hat sich Sucre, Potosí und Salar de Uyuni angeschaut.

..........und nächster Abschied😓.........
Letzter Freitag war unser letzter Schultag in Bolivien, in der Schule Kusikuna. Das war die traurigste Verabschiedung, weil wir sie ( höchstwahrscheinlich!!!!! ) nicht mehr sehen werden und weil wir unsere Mitschüler in so kurzer Zeit sehr ins Herz geschlossen haben!


Das Abschlussfest extra für uns war richtig cool. Wir haben im Garten von unserem Lehrer gezeltet, am Abend haben wir ein Lagerfeuer gemacht und Hühnchen gegrillt. Wir waren noch bis 3 Uhr in der Früh auf, wo unser Lehrer schon längst ins Bett gegangen ist. Das wäre ja kein Problem, wenn wir nicht am nächsten Tag um 6 Uhr aufgestanden wären, wieder das Hühnchen vom Abend gegessen hätten und einen Wanderausflug gemacht hätten!!.....Aber auch der Wanderausflug zum Wasserfall war voll schön.

Und jetzt kommt noch der ABSCHIED VON BOLIVIEN!
Vor ein paar Tagen sind (mussten) wir aus Bolivien ausreisen. Auf dem Bild stehen wir gerade am Busbahnhof mit all unseren Koffern, wenn man es aber mit dem Abreisebild  aus Deutschland vergleicht, kann man erkennen, dass es weniger Koffer geworden sind ( wir haben ordentlich hergeschenkt! )






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